Geschichte

Architekt Otto Bartning und St. Johannis

Zur Baugeschichte berichtet Hannes Rother

Mit der Zerstörung der mittelalterlichen Jakobikirche, einer der ursprünglich vier Rostocker Hauptpfarrkirchen, ab April 1942 verlor nicht nur die Stadt eines ihrer wichtigsten Gotteshäuser, sondern auch die St.-Jakobi-Gemeinde ihr Zuhause. Vor diesem Hintergrund und angesichts der rasch wachsenden Bevölkerung wurde am 20. Juni 1946 auf Beschluss der Landessynode aus Teilen der Heiligen-Geist-Gemeinde sowie der St.-Jakobi-Gemeinde die St.-Johannis-Gemeinde neu gegründet. Schon 1947 lag ein erster Entwurf für eine neue Kirche der St.-Johannis-Gemeinde vor, dessen Realisierung allerdings vor allem an den Schwierigkeiten der Materialbeschaffung noch scheiterte.

Trotzdem bemühte sich die Gemeinde weiter um einen Kirchenneubau: Am 11. Februar 1948 beantragte Pastor Hans-Detlof Galley beim Rat der Stadt Rostock die Überlassung eines Bauplatzes in Erbbaurecht zur Errichtung einer Notkirche, wie sie im vorangegangenen Jahr vom Architekten Prof. Otto Bartning für ein entsprechendes Programm des Hilfswerks der Evangelischen Kirche in Deutschland entworfen wurde.

Otto Bartning

Schließlich konnte die Gemeinde im Barnstorfer Wald im Tausch gegen Ländereien aus dem Besitz der Kirchenökonomie Rostock Baugrund erwerben. Am 21. April 1949 begannen die Gemeindeglieder mit den Bauvorarbeiten. Bäume wurden gerodet, das Baufeld wurde hergerichtet und der Fundamentgraben ausgeschachtet. Spürbare Unterstützung erhielt die Gemeinde durch einen freiwilligen Arbeitseinsatz von Theologiestudenten der Universität Rostock unter ihrem Dekan Prof. Konrad Weiß, ebenfalls Mitglied der St.-Johannis-Gemeinde.

Am Sonntag Trinitatis, dem 12. Juni 1949, wurde feierlich der Grundstein für den Bau einer Notkirche des „Typs B, Form 3 mit Sakristei und Turm“ gelegt.

1947 Typ B Form 3

Nachdem die mecklenburgische Landesregierung eine Bauausnahmegenehmigung erteilt hatte, führte die Rostocker Baugenossenschaft den Bartningschen Entwurf aus. Detailplanung und Bauleitung oblagen dem Rostocker Architekten und Baumeister Wilhelm Oemigk, der diese in Zusammenarbeit mit dem Leiter der Bauverwaltung des Oberkirchenrates in Schwerin, Oberkonsistorialrat Lorenz, wahrnahm. Alle grundsätzlichen Fragen von Materialverwendung, Gestaltung und Bauausführung wurden jedoch auch weiterhin unmittelbar mit Otto Bartning selbst abgestimmt.
Die Klosterformatsteine für die Außenmauern wurden aus den Ruinen der Jakobikirche und der Kapelle der Katholisch-Apostolischen Gemeinde Rostock geworben, zum großen Teil wiederum von der Gemeinde mit Unterstützung der Rostocker Theologiestudenten.

Auch darüber hinaus leistete die Gemeinde umfangreiche Zuarbeiten für die Bauausführung: so reinigte sie die geworbenen Mauersteine, organisierte Materialtransporte und übernahm die nächtliche Bewachung der Baustelle. (Das beeindruckende Bauwachenbuch existiert noch heute in den Bauakten).
Aus Thüringen stammen die tragende Giebelbinder-/Dachkonstruktion, die Türen und die verglasten Fenster; sie sind originaler Bestandteil der Bartning-Planung und wurden unter der Leitung des Beauftragten der Bauabteilung des evangelischen Hilfswerkes in der Ostzone, Architekt J. Wassum aus Erfurt, von der Firma Hermann Röhr und Sohn, ebenfalls Erfurt, gefertigt.
Während der Turm von vornherein originärer Bestandteil dieses Kirchentyps war, konnte in Abstimmung mit Otto Bartning als vom Standard-Typ abweichende Besonderheit das angebaute unterkellerte Gemeindehaus mit Unterrichtsräumen und Küsterwohnung realisiert werden.
Nachdem am 29. Oktober 191949-06-12_Urkunde Grundsteinlegung 149 Richtfest für das Kirchenschiff, am 16. Mai 1950 für den Kirchenturm und am 3. Juli 1950 für das Gemeindehaus gefeiert werden konnte, wurde am 17. September 1950 der nun komplett fertig gestellte Kirchenbau mit einem Gottesdienst durch Landesbischof Dr. Niklot Beste feierlich geweiht.

Etwa aus derselben Zeit, vom August 1950, existiert ein Plan des bekannten Rostocker Garten- und Landschaftsarchitekten Arno Lehmann zur Gestaltung der Freiflächen um die Kirche (Auffahrt, Hof, Küstergarten u. a.), der – mit einigen Änderungen – auch als Grundlage für die Ausführung durch die renommierte Gehlsdorfer Gartenbaufirma Friedrich Karl Evert im Jahr 1952 diente. Während schon am 1. Juli 1951 die drei auf die Töne d, f und g gestimmten Bronzeglocken – hergestellt von der Glockengießerei Franz Schilling Söhne in Apolda aus zwei älteren Glocken der Rostocker Kirchen St. Nikolai und St. Marien – geweiht werden konnten, musste die Gemeinde noch bis zum 4. Advent am 20. Dezember 1959 ausharren, ehe die auf der Empore errichtete Orgel der Firma Alexander Schuke (Potsdam) erstmals im Gottesdienst Musik von Johann Sebastian Bach und Ernst Pepping erklingen lassen konnte.
Zur Richtfeier am 29. Oktober 1949 legte der Schweriner Oberkirchenrat Arnold Maercker seiner Ansprache ein Wort aus dem Psalm 127 zugrunde: „Wo der Herr nicht das Haus baut, da arbeiten umsonst, die daran bauen.“ Was einmal als Behelfslösung gedacht war, besteht nun 60 Jahre und hat eine gute Zukunft. Und die Arbeit derer, die daran bauten, war nicht umsonst.

 

Pastoren in St. Johannis

Hans–Detlof Galley
(1946 – 1960)
Friedrich Carl Rüß
(1948 – 1972)
Horst Gienke
(1961 – 1963)
Albrecht von Maltzahn
(1963 – 1999)
Gunther Pistor
(1972 – 1997)
Hans-Christian Roettig
(1998 – 2018)

 

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